MAINZ

von MichaelBonewitz. Sei 25 Jahren steht Nanette Scriba auf der Bühne, als Sängerin, Texterin, Komponistin, Musikerin und Produzentin. Bislang hat sie neun Gesangsalben herausgebracht und große Erfolge mit ihren Konzerten und Auftritten im In- und Ausland gefeiert. Nun besinnt sie sich auf ihre studentischen Wurzeln und unternimmt einen Ausflug in die Kunst

Aquarelle der Mainzer Sängerin Nanette Scriba

Malerische Momente

Nanette Scriba malt. Die grazile Gesangspoetin, die so gerne mit Worten spielt, die so „zart im Nehmen“ ist und mit „brennender Geduld“ nach magischen Momenten sucht, die im Alltag so gerne genau hinschaut und die ebenso leidenschaftlich wie gekonnt sowohl französische Chansons als auch deutschsprachige Lieder singt, sie, die Tochter des bekannten Mainzer Kantors Scriba, sie malt.

Ohne auch nur ein Bild gesehen zu haben, kommt unweigerlich die Frage auf: „Warum nur?“ Ist ihr die Bühne zu klein, das Notenblatt zu voll, sind ihr nach 25 Jahren und neun Alben die Worte ausgegangen? Tauscht sie sprachlos Feder gegen Pinsel? Nein, „ich hatte einfach Lust, auch die andere künstlerische Seite mal wieder auszuleben“, sagt sie mit unschuldiger Miene, „das schließt sich ja nicht aus.“ 15 Jahre lang hat sie nicht mehr gemalt, dabei hat sie es sogar studiert, die Kunst der Kunsterziehung und mit dem 1. Staatsexamen abgeschlossen. Wie gut sie es noch immer kann, zeigen ihre Aquarelle: zarte Töne, Fernweh-Landschaften, schöne Menschen, Momentaufnahmen, Poesie, vertraute Gesten, flüchtige Freude. Kurzum: Nanette malt wie sie singt.

Im Rhythmus der Kapverden

Und doch ist es anders. „Zum Malen musste ich raus aus Mainz.“ Standortwechsel zur kreativen Inspiration. Sie reiste aus dem Herzen der Altstadt mitten hinein ins Leben der Kapverdischen Insel Maio und fand dort malerische Menschen mit verführerischer Schönheit. Sie entdeckte Farben und Stimmungen, die sie faszinierten, sie ließ sich einfangen von den tänzelnden Bewegungen der neugierigen Kinder, die ebenso charmant wie distanzlos sein konnten.

Zweieinhalb Monate verbrachte sie in der Republik Kap Verde. Die Kapverdischen Inseln waren vor ihrer Entdeckung und Besiedlung durch die Portugiesen im Jahre 1456 unbewohnt. Aus dem familiären Zusammenleben europäischer Siedler mit afrikanischen Sklavinnen bildete sich schließlich eine neue kreolische Kultur.

Das Archipel liegt im östlichen Nordatlantik, vor der Westküste Afrikas. Von den 15 Inseln sind neun bewohnt, da gibt es die Inseln über dem Wind (Barlavento) und die unter dem Wind (Sotavento), zu denen auch die Insel Maio gehört. Die Hauptnahrung der Kapverden ist Fisch. Das trockene Sahel-Klima lässt ansonsten wenig Wachstum zu. Fast 90 Prozent der Nahrungsmittel müssen importiert werden. Ein Land, das nicht kontrastreicher zu ihrer Heimat sein könnte: Während wir von Überalterung reden, mangelt es auf den Kapverdischen Inseln an 55- bis 70-Jährigen durch Hungersnöte und Auswanderungswellen im letzten Jahrhundert. Drei Viertel der Bevölkerung sind unter 15 Jahren. Der Altersdurchschnitt beträgt etwa 18 Jahre.

Schon die Anreise war für Nanette Scriba eine kleine Abenteuerreise. Von Frankfurt ging es nach Lissabon, von dort über die Insel Sal auf die Hauptinsel Santiago und schließlich mit einem kleinen Propellerflugzeug nach Maio.

Mit Zeichenblock, Bleistift und Farbkasten ausgerüstet, passte sich die Mainzerin dem Rhythmus der Kapverden an und malte insgesamt 14 Bilder – allesamt Aquarelle und eines schöner als das andere. Ans Verkaufen denkt sie allerdings nicht, dafür hat sie sich viel zu sehr in die Menschen der Kapverden und in ihre Bilder verliebt.

„Vielleicht könnte ich mich bei dem einen oder anderen Motiv überreden lassen, es noch einmal nachzumalen“, schränkt sie ein, aber eine Ausstellung könnte sie sich schon vorstellen.

Wer dennoch gezeichnete Kunst von Nanette Scriba erwerben will, der kann auf eine eher ungewöhnliche Kunstgattung zurückgreifen. Kritzeleien nennt sie es selbst, Alltagsspuren auf ihrer Schreibtischunterlage, entstanden beim Telefonieren mit Freunden, Verwandten, Geschäftspartnern. Zwischen skurrilen Wesen, karikierten Gesichtern, verschlungenen Körpern stehen plötzlich Daten und Zahlen, Namen und Nummern. Eine Telefonkunst der besonderen Art.

Ihre Skizzen hat sie schließlich auf Transparenzpapier gedruckt und zu zylinderförmigen Leuchten umgebaut. Magische Lichtobjekte nennt sie es oder ganz frankophil „luminaire graphique“, aus Acrylglas mit eingebauter und dimmbarer LED-Leuchte.

Zu beziehen über ihre Homepage www.nanette-scriba.de oder in Mainz bei domus Einrichtung + Innenarchitektur (Mailandsgasse 12), und bei kamp Inneneinrichtung (Kirschgarten 7).

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    „Meine vier Geschwister und ich sind mit
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    gewachsen, denn mein Vater war Kantor und
    Organist an der Mainzer Johanniskirche, meine
    Mutter eine leidenschaftliche Malerin“, erzählt
    Scriba. Während ihrer Schulzeit am Rabanus-
    Maurus-Gymnasium in Mainz lernte sie Geige
    und brachte sich selbst das Gitarrespielen bei.
    Ihre Leidenschaft für französische Chansons
    entstand während mehrerer Familienurlaube in
    Südfrankreich. „Mit der Zeit habe ich mir ein
    großes Repertoire an Chansons, zum Beispiel
    von George Brassens oder Catherine Le Fores-
    tier, angeeignet und bin damit auch öffentlich
    aufgetreten“, erzählt sie. Nach dem Abitur be-
    gann Scriba ein Studium der Kunsterziehung
    und Kunstgeschichte an der Universität Mainz
    und startete parallel auch als Chansonsängerin
    durch. Neben französischen Chansons hat es ihr
    auch die Musik von Singer-Songwritern wie
    Paolo Conte, Leonard Cohen oder Suzanne Vega
    angetan. „Außerdem haben mich die ironisch-
    frechen Songs von Nina Hagen inspiriert. Ihre
    Songs zu interpretieren, war für mich als Kanto-
    rentochter, aber auch als Musikerin ein Befrei-
    ungsschlag“, erzählt sie schmunzelnd.

    Poesie verpackt in Musik

    Ihr erstes Album mit französischen Chansons er-
    schien 1981. Ein Jahr später gewann sie beim
    weltweit ausgeschriebenen Chansonwettbewerb
    der Alliance Francaise in Paris in der Kategorie
    Europa den ersten Preis. Mit der Zeit wuchs in ihr
    der Wunsch, sich auch deutschsprachigen Texten
    zu widmen und einen eigenen Stil zu entwickeln.
    Sie begann deutsche Lyrik und Gedichte zu verto-
    nen. Später fasste sie den Mut, eigene Songs zu
    schreiben. „Deutsche Texte sind sperrig. Sie zum
    Klingen zu bringen und den Esprit der französi-
    schen Chansons zu transportieren, war anfangs
    eine Herausforderung“, erinnert sie sich. Musika-
    lisch kombiniert Scriba gerne verschiedene Stile:
    So treffen poetische Chanson-Einflüsse auf Pop
    und Jazz. „Meine Lieder handeln von dem, was
    ich erlebt habe. Sie erzählen von magischen Mo-
    menten, skurrilen oder faszinierenden Begeg-
    nungen, aber auch von Melancholie oder weni-
    ger schönen Dingen.“ Gerne spielt Scriba in ihren
    Songs auch mit Humor und Ironie. „Mein Lied
    über die Schickis nimmt beispielsweise die Pro-
    miwelt auf die Schippe“. Nach einem Kontaktstu-
    dium der „Popularmusik“ an der Musikhochschu-
    le Hamburg folgten erste Auftritte im deutschen
    und ausländischen Fernsehen, zum Beispiel 1994
    in einer großen chinesischen Fernsehshow. Ein
    Jahr später strahlte das polnische Fernsehen ein
    halbstündiges Special über sie aus. Ihre Version
    der Barockarie „Cold Song“ schaffte es sogar
    schon als Hintergrundmusik, neben Songs von
    Sting, Klaus Nomi und Sindad O’Connor, in eine
    Tatort-Folge und wurde 2014 bei der Präsentati-
    on der Herbst-Winter-Kollektion von Dominic
    Louis auf der New York Fashion Week verwendet.
    Mit dem Sänger und Pianisten Dirk Raufeisen
    stand Scriba zudem als Duo auf der Bühne und
    veröffentlichte drei Alben, darunter das Album
    „Mit brennender Geduld“ (2001). Außerdem trat
    sie mit ihrer Band auf, zu der neben Raufeisen
    auch die Musiker Dirko Juchem (Saxophon) und
    Tobias Schirmer (Schlagzeug) gehörten.

    Die Kapverden als Inspirationsquelle

    Auf die Kapverden, eine Inselgruppe im Atlanti-
    schen Ozean, verschlug es Scriba im Jahr 2005
    hingegen eher zufällig. „Mein Mann und ich ver-
    bringen den Winter gerne in wärmeren Gefil-
    den.“ Inzwischen ist die kapverdische Insel Maio
    ihr zweites Zuhause. Die restliche Zeit lebt sie
    auf einem Weingut in Wiesbaden-Frauenstein
    im Rheingau. „Das besondere Licht, die Farben
    und die Anmut der Menschen auf den Kapver-
    den haben mich begeistert und motiviert, wie-
    der Pinsel und Farbe in die Hand zu nehmen.
    Seitdem widme ich mich ausschließlich der Ma-
    lerei“, verrät Scriba. Am liebsten malt sie an ih-
    rem großen Tisch mit Blick aufs Meer, anfangs
    mit Aquarellfarben. Heute bevorzugt sie Acryl.
    „In Acryl zu malen gibt mir Freiheit. Ich kann
    endlos korrigieren und übermalen. Meine Figu-
    ren werden dadurch plastischer. Der Hinter-
    grund dagegen verschwimmt wie beim Aquarell
    durch eine spezielle Lasurtechnik“, erzählt sie.
    Inspiration für neue Bildideen findet sie in eige-
    nen Fotografien, die sie auf ihren Streifzügen
    über die Insel sammelt. Doch die Kapverden bie-
    ten nicht nur ein paradiesisches Bild, erklärt sie.
    „Viele Menschen außerhalb der Hauptstadt le-
    ben oft in Armut. Die jungen Leute in der Stadt
    dagegen sind meist perfekt gestylt und haben
    alle ein Smartphone. Diese Gegensätze möchte
    ich in meiner Malerei ebenso festhalten, wie die
    alltäglichen Momente des Lebens auf der Insel.“