Eine vielseitige Künstlerin
Die in Mainz geborene Musikerin und Malerin Nanette Scriba lebt die Hälfte des Jahres auf den Kapverdischen Inseln und malt dort,
inspiriert von Licht, Farben und Menschen.
von Inken Paletta
„Meine vier Geschwister und ich sind mit
Chormusik, Instrumenten und Kunst auf-
gewachsen, denn mein Vater war Kantor und
Organist an der Mainzer Johanniskirche, meine
Mutter eine leidenschaftliche Malerin“, erzählt
Scriba. Während ihrer Schulzeit am Rabanus-
Maurus-Gymnasium in Mainz lernte sie Geige
und brachte sich selbst das Gitarrespielen bei.
Ihre Leidenschaft für französische Chansons
entstand während mehrerer Familienurlaube in
Südfrankreich. „Mit der Zeit habe ich mir ein
großes Repertoire an Chansons, zum Beispiel
von George Brassens oder Catherine Le Fores-
tier, angeeignet und bin damit auch öffentlich
aufgetreten“, erzählt sie. Nach dem Abitur be-
gann Scriba ein Studium der Kunsterziehung
und Kunstgeschichte an der Universität Mainz
und startete parallel auch als Chansonsängerin
durch. Neben französischen Chansons hat es ihr
auch die Musik von Singer-Songwritern wie
Paolo Conte, Leonard Cohen oder Suzanne Vega
angetan. „Außerdem haben mich die ironisch-
frechen Songs von Nina Hagen inspiriert. Ihre
Songs zu interpretieren, war für mich als Kanto-
rentochter, aber auch als Musikerin ein Befrei-
ungsschlag“, erzählt sie schmunzelnd.
Poesie verpackt in Musik
Ihr erstes Album mit französischen Chansons er-
schien 1981. Ein Jahr später gewann sie beim
weltweit ausgeschriebenen Chansonwettbewerb
der Alliance Francaise in Paris in der Kategorie
Europa den ersten Preis. Mit der Zeit wuchs in ihr
der Wunsch, sich auch deutschsprachigen Texten
zu widmen und einen eigenen Stil zu entwickeln.
Sie begann deutsche Lyrik und Gedichte zu verto-
nen. Später fasste sie den Mut, eigene Songs zu
schreiben. „Deutsche Texte sind sperrig. Sie zum
Klingen zu bringen und den Esprit der französi-
schen Chansons zu transportieren, war anfangs
eine Herausforderung“, erinnert sie sich. Musika-
lisch kombiniert Scriba gerne verschiedene Stile:
So treffen poetische Chanson-Einflüsse auf Pop
und Jazz. „Meine Lieder handeln von dem, was
ich erlebt habe. Sie erzählen von magischen Mo-
menten, skurrilen oder faszinierenden Begeg-
nungen, aber auch von Melancholie oder weni-
ger schönen Dingen.“ Gerne spielt Scriba in ihren
Songs auch mit Humor und Ironie. „Mein Lied
über die Schickis nimmt beispielsweise die Pro-
miwelt auf die Schippe“. Nach einem Kontaktstu-
dium der „Popularmusik“ an der Musikhochschu-
le Hamburg folgten erste Auftritte im deutschen
und ausländischen Fernsehen, zum Beispiel 1994
in einer großen chinesischen Fernsehshow. Ein
Jahr später strahlte das polnische Fernsehen ein
halbstündiges Special über sie aus. Ihre Version
der Barockarie „Cold Song“ schaffte es sogar
schon als Hintergrundmusik, neben Songs von
Sting, Klaus Nomi und Sindad O’Connor, in eine
Tatort-Folge und wurde 2014 bei der Präsentati-
on der Herbst-Winter-Kollektion von Dominic
Louis auf der New York Fashion Week verwendet.
Mit dem Sänger und Pianisten Dirk Raufeisen
stand Scriba zudem als Duo auf der Bühne und
veröffentlichte drei Alben, darunter das Album
„Mit brennender Geduld“ (2001). Außerdem trat
sie mit ihrer Band auf, zu der neben Raufeisen
auch die Musiker Dirko Juchem (Saxophon) und
Tobias Schirmer (Schlagzeug) gehörten.
Die Kapverden als Inspirationsquelle
Auf die Kapverden, eine Inselgruppe im Atlanti-
schen Ozean, verschlug es Scriba im Jahr 2005
hingegen eher zufällig. „Mein Mann und ich ver-
bringen den Winter gerne in wärmeren Gefil-
den.“ Inzwischen ist die kapverdische Insel Maio
ihr zweites Zuhause. Die restliche Zeit lebt sie
auf einem Weingut in Wiesbaden-Frauenstein
im Rheingau. „Das besondere Licht, die Farben
und die Anmut der Menschen auf den Kapver-
den haben mich begeistert und motiviert, wie-
der Pinsel und Farbe in die Hand zu nehmen.
Seitdem widme ich mich ausschließlich der Ma-
lerei“, verrät Scriba. Am liebsten malt sie an ih-
rem großen Tisch mit Blick aufs Meer, anfangs
mit Aquarellfarben. Heute bevorzugt sie Acryl.
„In Acryl zu malen gibt mir Freiheit. Ich kann
endlos korrigieren und übermalen. Meine Figu-
ren werden dadurch plastischer. Der Hinter-
grund dagegen verschwimmt wie beim Aquarell
durch eine spezielle Lasurtechnik“, erzählt sie.
Inspiration für neue Bildideen findet sie in eige-
nen Fotografien, die sie auf ihren Streifzügen
über die Insel sammelt. Doch die Kapverden bie-
ten nicht nur ein paradiesisches Bild, erklärt sie.
„Viele Menschen außerhalb der Hauptstadt le-
ben oft in Armut. Die jungen Leute in der Stadt
dagegen sind meist perfekt gestylt und haben
alle ein Smartphone. Diese Gegensätze möchte
ich in meiner Malerei ebenso festhalten, wie die
alltäglichen Momente des Lebens auf der Insel.“